Arbeitsvertragliche „Verfallsklauseln“ müssen Mindestlohn ausnehmen

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BAG: In Neuverträgen ist sonst die ganze Klausel unwirksam

Arbeitsvertragliche Verfallsklauseln müssen den Mindestlohn ausdrücklich ausnehmen. Jedenfalls in neuen Arbeitsverträgen seit Anfang 2015 ist die Klausel sonst „insgesamt unwirksam“, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Dienstag, 18. September 2018, in Erfurt (Az.: 9 AZR 162/18). Ob Gleiches auch für Altverträge vor 2015 gelten kann, blieb offen.

Sofern es keine entsprechende tarifliche Klausel gibt, wird üblicherweise im Arbeitsvertrag eine sogenannte Ausschlussfrist gesetzt, innerhalb derer Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegenseitige Forderungen geltend machen müssen. Meist sind dies drei, seltener bis zu sechs Monate.

Bereits am 20. Juni 2018 hatte das BAG aber entschieden, dass eine solche Verfallsklausel den Mindestlohn nicht umfasst und dieser nach Fristablauf nicht verfällt (Az.: 5 AZR 377/17; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Denn der Gesetzgeber habe den Mindestlohn als Untergrenze für die tatsächliche Vergütung sichern wollen. Als Konsequenz verjährt der Anspruch auf den Mindestlohn erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei vollen Kalenderjahren, also des laufenden und der drei nachfolgenden Jahre.

In seinem neuen Urteil entschied das BAG nun, dass Arbeitgeber in von ihnen vorformulierten Arbeitsverträgen jedenfalls seit Anfang 2015 auf diese Situation hinweisen, in einer Verfallsklausel den Mindestlohn also ausdrücklich ausnehmen müssen. Sonst sei die Klausel „nicht klar und verständlich“. Sie verstoße dann gegen das Transparenzgebot und sei „insgesamt unwirksam“. Als Konsequenz können Arbeitnehmer Forderungen dann auch noch nach Ablauf der vertraglichen Ausschlussfrist geltend machen und müssen hierfür nur die gesetzliche Verjährung beachten.

Im entschiedenen Fall hatte ein im September 2015 eingestellter Fußbodenleger Streit mit seinem Chef. Das Arbeitsverhältnis wurde mit einem Vergleich beendet. In der Endabrechnung fehlte allerdings der Lohn für 19 Urlaubstage im August 2016. Hierfür forderte der Fußbodenleger erst im Januar 2017 1.687 Euro nach. Das BAG gab ihm recht, weil der Arbeitgeber sich auf die unwirksame Ausschlussfrist nicht berufen könne.

Weil es hier um einen Arbeitsvertrag aus 2015 ging, blieb offen, ob Gleiches auch für ältere Verträge gelten würde. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart hatte dies in einem anderen Verfahren verneint, dabei aber die Revision zum BAG ausdrücklich zugelassen (Urteil vom 6. April 2018, Az.: 11 Sa 40/17; JurAgentur-Meldung vom 21. August 2018).

Allerdings gab es auch vor 2015 bereits Mindestlöhne für bestimmte Branchen. Im Fall einer Pflegehilfskraft hatte das BAG bereits entschieden, dass Arbeitsverträge solche branchenbezogene Mindestlöhne in einer Verfallsklausel auch früher schon ausnehmen mussten (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 24. August 2016, Az.: 5 AZR 703/15).




© www.tw-ratingen.de   Mittwoch, 19. September 2018 10:29 TW-Redaktion
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