
BSG: Rentenversicherung muss auch unbeanstandete Prüfung erläutern
Arbeitgeber haben nach Betriebsprüfungen künftig immer Anspruch auf einen genauen
Prüfbescheid von der Deutschen Rentenversicherung. Selbst wenn keinerlei
Beanstandungen bei der Betriebsprüfung festgestellt wurden, muss in dem
Prüfergebnis aufgeführt werden, wer und was überprüft wurde, urteilte am
Donnerstag, 19. September 2019, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B
12 R 25/18 R und weitere). Dies solle mehr Rechtssicherheit schaffen.
Vor Gericht waren mehrere Familienbetriebe in der Rechtsform einer GmbH
gezogen, so etwa ein Autohaus aus Köln. Zu den Gesellschaftern gehörten zwei
Geschwister und eine Ehefrau. Alle waren als Geschäftsführer tätig. Während ein
Bruder mit 51 Prozent Mehrheitsgesellschafter war, teilten sich der andere
Bruder und seine Ehefrau die verbliebenen Firmenanteile auf.
Sämtliche Geschäftsführer gingen davon aus, dass sie nicht
sozialversicherungspflichtig sind. Grund für die Annahme war die sogenannte
„Kopf und Seele“-Rechtsprechung einzelner Senate des BSG. Danach seien auch
angestellte Geschäftsführer nicht sozialversicherungspflichtig, wenn sie als
„Kopf und Seele“ des Unternehmens dessen Geschicke in der Hand haben. Dies sei
bei ihnen der Fall, so die Kläger. Sozialversicherungsabgaben wurden daher
nicht entrichtet.
Betriebsprüfungen der Deutschen Rentenversicherung Bund verliefen zunächst auch
ohne Beanstandungen.
Doch 2012 äußerte der für das Beitragsrecht zuständige 12. BSG-Senat Zweifel an
der „Kopf und Seele“-Rechtsprechung. 2014 ging auch die Deutsche
Rentenversicherung davon aus, dass grundsätzlich nur ein
Mehrheitsgesellschafter als Geschäftsführer sozialversicherungsfrei sein könne,
nicht aber die ebenfalls als Geschäftsführer tätigen
Minderheitengesellschafter.
So wurde im Fall des Autohauses bei einer erneuten Betriebsprüfung die
Sozialversicherungspflicht des Ehepaars festgestellt. Das Autohaus sollte nun
rückwirkend für einen Zeitraum von vier Jahren über 115.000 Euro an
Sozialabgaben nachzahlen.
Das Unternehmen machte Vertrauensschutz geltend. Zum einen habe es sich auf die
frühere Rechtsprechung des BSG verlassen können, zum anderen seien die früheren
Betriebsprüfungen ja beanstandungsfrei verlaufen.
Vor dem BSG hatten die Kläger jedoch keinen Erfolg. Für einen Vertrauensschutz
wegen einer ständigen Rechtsprechung des BSG gebe es besonders hohe
Anforderungen. Hier habe es aber nur Entscheidungen zu wenigen Einzelfällen,
insbesondere anderer Senate gegeben. Auch die beanstandungsfreien
Betriebsprüfungen führten zu keinen Vertrauensschutz. Es sei kein
entsprechender Bescheid erlassen worden, in dem aufgeführt wurde, was geprüft
wurde und worauf die Kläger daher ihr Vertrauen stützen können.
Allerdings beanstandeten die obersten Sozialrichter auch die derzeitige Praxis
der Deutschen Rentenversicherung. Seit 2017 sei die Beitragsverfahrensordnung
geändert worden. Danach „soll“ der Arbeitgeber durch den Prüfbescheid „Hinweise
zu den festgestellten Sachverhalten erhalten“. Nach den gesetzlichen
Bestimmungen erlassen die Träger der Rentenversicherung zudem „im Rahmen der
Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe“.
Damit sei gemeint, dass nach einer Betriebsprüfung dem Arbeitgeber immer auch
ein Prüfbescheid übermittelt werden muss. Darin müsse genau aufgeführt werden,
wer und was geprüft wurde, auch wenn keinerlei Beanstandungen vorlagen. Nur so
könne der Arbeitgeber wissen und nachweisen, auf welche Prüfergebnisse er
vertrauen kann, so das BSG.
„Die darin enthaltenen Feststellungen sind bei neuerlichen Betriebsprüfungen zu
beachten“ und könnten in der Regel „einer anderslautenden Beurteilung entgegen
gehalten werden“, betonte das BSG. Ausnahmen gebe es etwa bei Täuschung oder
wenn wichtige Sachverhalte nicht berücksichtigt wurden.