BFH: Logopäde kann in Praxis kein Bürozimmer einrichten
Auch Selbstständige können ein häusliches Arbeitszimmer
steuermindernd geltend machen, wenn beispielsweise in ihrer Praxis ein
geeigneter Büroraum nicht eingerichtet werden kann. Dabei ist nicht jeder
Schreibtischarbeitsplatz automatisch zumutbar, wie der Bundesfinanzhof (BFH) in
München in einem am Mittwoch, 19. April 2017, veröffentlichten Urteil zugunsten
eines Logopäden entschied (Az.: III R 9/16).
Üblich können Arbeitnehmer ein häusliches Arbeitszimmer steuermindernd geltend
machen, wenn in ihrem Betrieb für bestimmte Tätigkeiten kein Raum zur Verfügung
steht – etwa für Unterrichtsvorbereitung und Korrekturen bei Lehrern. Die
abzugsfähigen Ausgaben sind auf 1.250 Euro pro Jahr begrenzt.
Im Streitfall geht es um einen Logopäden in Sachsen-Anhalt, der in angemieteten
Räumen zwei Praxen mit zusammen vier Angestellten betreibt. Für allgemeine
Verwaltungstätigkeiten nutzte er ein Zimmer seiner Wohnung, das er steuerlich
als „häusliches Arbeitszimmer“ geltend machte.
Das Finanzamt wollte dies nicht anerkennen. Laut Gesetz scheide die
Berücksichtigung eines häuslichen Arbeitszimmers aus, wenn im Betrieb ein
„anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung steht. Hier könne der Logopäde seine
Verwaltungstätigkeiten auch in den Behandlungsräumen erledigen, die mit
Tischen, Computern und teils auch mit Aktenschränken ausgestattet seien.
Doch nicht jeder verfügbare Schreibtisch ist als „anderer Arbeitsplatz“
zumutbar, betonte nun der BFH. „Soweit die Nutzung des Arbeitsplatzes in einer
Weise eingeschränkt ist, dass der Steuerpflichtige in seinem häuslichen
Arbeitszimmer einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen oder
betrieblichen Tätigkeit verrichten muss, kommt das Abzugsverbot nicht zum
Tragen.“ Vielmehr müsse „der andere Arbeitsplatz so beschaffen sein, dass der
Steuerpflichtige auf das häusliche Arbeitszimmer nicht angewiesen ist“,
betonten die obersten Finanzrichter unter Hinweis auf ein Urteil aus 2014 zu
einem sogenannten Pool-Arbeitsplatz (Urteil vom 26. Februar 2014, Az.: VI R
37/13; JurAgentur-Meldung vom 4. Juni 2014).
Im Gegensatz zu Arbeitnehmern könnten allerdings Selbstständige ihre
Betriebsräume selbst gestalten. Daher müssten sie auch einen Büroarbeitsplatz
im Betrieb einrichten, wenn dies nach den räumlichen Gegebenheiten möglich ist.
Insgesamt ist nach dem Münchener Urteil die Notwendigkeit eines häuslichen
Arbeitszimmers jeweils im Einzelfall zu prüfen.
Hier würden die Behandlungsräume durchgehend von den Angestellten genutzt. Erst
abends oder an den Wochenenden würden sie für den Praxischef frei. Bei zwei
Praxen mit vier Angestellten falle aber ein erheblicher Verwaltungsaufwand an.
Behandlungen und Einnahmen müssten zudem teils am selben Tag verbucht werden.
Hierfür ein getrenntes Arbeitszimmer einzurichten, sei in den betrieblichen
Räumen nicht möglich.
Da der Logopäde auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen sei, könne er es
auch steuerlich geltend machen, entschied dar BFH in seinem jetzt schriftlich
veröffentlichten Urteil vom 22. Februar 2017.