Bauliche Unterschiede rechtfertigen günstigeren Vorsteuerabzug
Bei teils gewerblich und teils privat genutzten Gebäuden gilt für die Aufteilung des Vorsteuerabzugs zwar in der Regel der sogenannte Flächenschlüssel. Nach einem am Mittwoch, 11. Juni 2014, veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in München besteht aber eine Ausnahme, wenn die bauliche Ausführung der gewerblichen Räume deutlich teurer ist als die der Wohnräume (Az.: V R 1/10).
Unternehmen können von der eigenen Umsatzsteuerschuld diejenigen Umsatzsteuerbeträge als sogenannte Vorsteuer abziehen, die schon in den eigenen betrieblichen Ausgaben enthalten war. Bei gemischt genutzten Gebäuden besteht daher ein Interesse, einen möglichst hohen Teil der Kosten für Bau oder Kauf des Hauses einer umsatzsteuerpflichtigen gewerblichen Nutzung zuzurechnen. Denn nur in diesem Umfang kann die in den Kosten enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend gemacht werden.
Mögliche Schlüssel für die Aufteilung der Umsatzsteuer sind die Anteile der gewerblich und privat genutzten Flächen oder aber die durch die Nutzung oder Vermietung dieser Flächen erlösten Umsätze. Für die Eigentümer ist der „Umsatzschlüssel“ meist günstiger, weil die gewerblichen Mieten in der Regel höher sind als die für private Wohnungen.
EU-Recht lässt beide Schlüssel zu. Nach deutschem Recht ist seit Anfang 2004 der Umsatzschlüssel aber nur in Ausnahmefällen anzuwenden, wenn es keine andere Aufteilungsmöglichkeit gibt. Der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 8. November 2012, Az.: C-511/10) und der BFH (Urteil vom 22. August 2013, Az.: V R 19/09; JurAgentur-Meldung vom 11. Dezember 2013) haben den Vorrang des Flächenschlüssels als zulässig bestätigt.
Nach dem neuen Urteil kann hiervon aber eine Ausnahme bestehen, wenn die gewerblichen Räume deutlich aufwendiger gebaut sind – etwa wenn sie höher sind oder wenn sie dickere Wände oder eine baulich aufwendigere Innenausstattung haben.
Im Streitfall wurden die Erdgeschossräume an einen Coffee-Shop, einen Kiosk und einen Döner-Imbiss vermietet. Die Vermieter wollten die Vorsteuer für das von ihnen 2002 bis 2004 gebaute Haus nach dem „Umsatzschlüssel“ aufteilen. Wie der BFH in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 7. Mai 2014 entschied, soll nun das Finanzgericht nochmals prüfen, ob dies wegen baulicher Besonderheiten des Erdgeschosses ausnahmsweise gerechtfertigt ist.