Ehegattensplitting gilt auch für die Homo-Ehe

Bundesverfassungsgericht: Ungleichbehandlung ist verfassungswidrig

Homosexuelle Lebenspartner haben Anspruch auf das im Steuerrecht festgeschriebene Ehegattensplitting. Die gesetzliche Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplitting ist verfassungswidrig und verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Donnerstag, 6. Juni 2013, bekanntgegebenen Beschluss (Az.: 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07). Für die unterschiedliche Behandlung im Einkommenssteuergesetz gebe es keine hinreichend gewichtigen Sachgründe, stellte der Zweite Senat in seiner Entscheidung vom 7. Mai 2013 fest.

Eingetragene Lebenspartner können danach rückwirkend ab Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 1. August 2001 das Ehegattensplitting und die damit einhergehenden Steuervorteile für sich beanspruchen. Die Steuerbescheide dürfen dazu jedoch nicht bestandskräftig geworden sein.

Deutschland hatte das Ehegattensplitting 1958 eingeführt. Dabei wird das Einkommen beider Ehegatten steuerlich zusammenveranlagt. Die Einkommen werden zusammengerechnet und dann halbiert, also gesplittet. Erst dann wird die Einkommenssteuer nach dem geltenden Einkommenssteuertarif berechnet. Gerade Ehen, in denen ein Partner die Kinderbetreuung und den Haushalt übernimmt und kein oder nur geringes Einkommen hat, profitieren von der steuerlichen Zusammenveranlagung. Denn mit dem Ehegattensplitting werden sie mit geringeren Steuertarifen belastet, als beispielsweise Alleinstehende mit gleichem Einkommen.

In den jetzt entschiedenen Verfahren hatten homosexuelle eingetragene Lebenspartner das Ehegattensplitting auch für sich beansprucht. Sie seien ebenso eine Einstands- und Wirtschaftsgemeinschaft, wie dies bei Ehen der Fall sei. Mehrere Finanzgerichte sowie der Bundesfinanzhof hatten jedoch entschieden, dass das Ehegattensplitting für Homo-Ehen nicht gilt.

Das Bundesverfassungsgericht stellte nun klar, dass die Ungleichbehandlung von verheirateten Paaren und eingetragenen Lebenspartnern in den Vorschriften zum Ehegattensplitting gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoßen. Sie stellten eine mittelbare Ungleichbehandlung wegen der sexuellen Orientierung dar.

Zwar werde die Ehe im Grundgesetz besonders geschützt, dieser Schutz jedoch „vermag die Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft nicht zu rechtfertigen“. So sei die eingetragene Lebenspartnerschaft ähnlich wie die Ehe eine institutionalisierte Verantwortungsgemeinschaft, in der die Partner füreinander einstehen und rechtlich auch einstehen müssen.

Das Ehegattensplitting gehe von der Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Erwerbstätigkeit aus. Diese Aufteilung gebe es jedoch nicht nur in der Ehe, sondern auch bei Lebenspartnerschaften. Mittlerweile gebe es viele eingetragene Lebenspartnerschaften, in denen ebenfalls Kinder aufwachsen und erzogen werden.

Familienpolitische Ziele könnten die Ungleichbehandlung zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft beim Splittingverfahren aber ohnehin nicht rechtfertigen. Denn die Steuervergünstigung hänge allein vom Bestehen einer Ehe ab. Ob Kinder vorhanden sind, spiele beim Anspruch auf das Ehegattensplitting keine Rolle. Da eingetragene Lebenspartnerschaften ebenso wie Ehen „gleichermaßen als Gemeinschaften des Verbrauchs und Erwerbs konstituiert sind“, sei eine steuerliche Gleichbehandlung angebracht.

Die Karlsruher Richter erklärten damit die gesetzlichen Vorschriften zur Ungleichbehandlung beim Ehegattensplitting für unvereinbar mit dem Grundgesetz. Der Gesetzgeber müsse nun rückwirkend mit der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes am 1. August 2001 eine verfassungsgemäße Neuregelung schaffen. Dabei könnte rechtlich gesehen die Gleichbehandlung auch durch eine Abschaffung des Ehegattensplittings gewährleistet werden.

Bis zum Inkrafttreten der Neuregelung können eingetragene Lebenspartner wie Ehepaare das Ehegattensplitting für sich beanspruchen. Rückwirkend gilt dies allerdings nur, soweit ihr Steuerbescheid noch nicht bestandskräftig geworden ist.



© www.tw-ratingen.de   Donnerstag, 6. Juni 2013 17:19 TW-Redaktion
© 2025 TW Todesco Walter, Alle Rechte vorbehalten. Impressum | Datenschutz Anmelden