BFH: Informationsanspruch nur zur Erfüllung von SteuerpflichtenWill ein Insolvenzverwalter die vom Schuldner vor Insolvenz getätigten Steuerzahlungen zivilrechtlich anfechten und vom Finanzamt zurückfordern, darf die Behörde mauern und die Auskunft über entsprechende Zahlungen des Steuerpflichtigen verweigern. Ein Auskunftsanspruch kommt nur bei einem „berechtigten Interesse“ in Betracht, beispielsweise um die Steuerpflichten des Schuldners zu erfüllen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Mittwoch, 29. Mai 2013, veröffentlichten Urteil (Az.: II R 17/11). Der Insolvenzverwalter müsse seinen Auskunftsanspruch „substanziiert darlegen“ und begründen.
Im entschiedenen Rechtsstreit wurde der Auskunftsanspruch vom BFH jedoch abgelehnt. Hintergrund war die Pleite eines selbstständigen Rechtsanwalts aus Hessen. Weil dieser mit seinen Steuerzahlungen und Abgaben mit zunächst fast 153.000 Euro im Rückstand war, hatte das Finanzamt im Mai 2005 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt.
Im April 2010 meldet das Finanzamt insgesamt 180.210 Euro offene Steuerschulden und andere steuerliche Nebenleistungen beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle an. Der Insolvenzverwalter beantragte beim Finanzamt daraufhin, ihm einen Kontoauszug des Steuerpflichtigen zu übermitteln, „um die ordnungsgemäße Bearbeitung des Insolvenzverfahrens sicherstellen zu können“. In dem Kontoauszug sind beispielsweise Fälligkeiten und bisherige Tilgungen von Abgaben enthalten.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen kann ein Insolvenzverwalter bis zu drei Monate vor der Insolvenz geleistete Zahlungen unter Einhaltung enger Fristen anfechten und wieder zurückfordern. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass der Schuldner vor der Insolvenz noch schnell Vermögenswerte erfolgreich beiseite schafft. So sind Banken gegenüber dem Insolvenzverwalter verpflichtet, einen Kontoauszug über die Kontobewegungen des Schuldners bereitzustellen.
Im konkreten Fall hatte das Finanzamt die Auskunft über vor der Insolvenz geleistete Steuerzahlungen in Form eines Kontoauszugs verweigert. Der Insolvenzverwalter könne die Daten selbst anhand der ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen ermitteln, so die Behörde. Für den Insolvenzverwalter ist dies jedoch zeit- und arbeitsintensiv, so dass Fristen zur Rückgängigmachung von vor der Insolvenz geleisteten Zahlungen verpasst werden können.
Der BFH stellte in seinem Urteil vom 19. März 2013 fest, dass das Finanzamt nur Auskunft über noch offene Steuerforderungen geben muss, damit der Insolvenzverwalter diese begleichen oder in der Insolvenztabelle eingetragene Steuerforderungen überprüfen kann.
Das Finanzamt müsse jedoch keine Informationen preisgeben, die dazu dienen, bereits vor der Insolvenz getätigte Steuerzahlungen anzufechten und zurückzufordern.
Die Münchener Richter hielten sich in dem Fall auch für zuständig. Derzeit gibt es zwischen dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesfinanzhof jedoch unterschiedliche Auffassungen, wer für Rechtsstreitigkeiten über Auskunftsansprüche gegenüber der Finanzverwaltung urteilen darf. So hat das Bundesverwaltungsgericht am 15. Oktober 2012 einen vergleichbaren Hamburger Rechtsstreit ausgesetzt und dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes zur Entscheidung vorgelegt (Az.: 7 B 2/12). Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig, da sich der Auskunftsanspruch auf das Hamburger Informationsfreiheitsgesetz bezieht. Der BFH berief sich dagegen in einem anderen Fall am 10. Februar 2011 auf die Finanzgerichtsordnung und hält damit sich für zuständig (Az.: VII B 183/10).
Im konkreten Rechtsstreit sahen die Münchener Richter jedoch keine Zuständigkeitsprobleme. Der Fall stamme aus Hessen, in dem es gar kein Informationsfreiheitsgesetz gebe. Damit seien die Verwaltungsgerichte sowieso außen vor.