EGMR: Steuerhinterziehung ist ein schweres VergehenDie Daten einer illegal kopierten und dann in Deutschland
aufgekauften Steuer-CD können als Basis für Strafermittlungen dienen und dabei
auch eine Hausdurchsuchung rechtfertigen. Das Recht auf Schutz der eigenen
Wohnung ist dadurch nicht verletzt, urteilte am Donnerstag, 6. Oktober 2016,
der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) (Az.: 33696/11).
Steuerhinterziehung sei ein schweres Vergehen, so die Straßburger Richter zur
Begründung.
Das klagende Ehepaar hatte Konten bei einer Bank in Liechtenstein. 2008 ordnete
das Amtsgericht Bochum eine Hausdurchsuchung an. Grundlage war eine Steuer-CD,
die ein Mitarbeiter der Bank illegal kopiert hatte. Der Bundesnachrichtendienst
kaufte die CD mit den Daten auf. Sie enthielt über 9.600 Datensätze mit
Liechtensteiner Bank- und Geschäftskontakten deutscher Steuerzahler. Daraus
ergab sich der Verdacht der Steuerhinterziehung in Höhe von 100.000 Euro
innerhalb von fünf Jahren.
Vom Verdacht der Steuerhinterziehung wurde das Ehepaar 2012 aus Mangel an
Beweisen freigesprochen.
Seine Klage gegen die Durchsuchung blieb aber ohne Erfolg. Zuletzt befand das
Bundesverfassungsgericht, die Steuer-CD habe einen ausreichenden
Anfangsverdacht gegeben, um die Wohnungsdurchsuchung zu rechtfertigen; bei
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gälten noch nicht die strengen Maßstäbe
eines Beweisverwertungsverbots, wie im Strafprozess (Beschluss vom 9. November
2010, Az.: 2 BvR 2101/09; siehe hierzu auch Beschluss des Finanzgerichts Köln
vom 15. Dezember 2010, Az.: 14 V 2484/10; JurAgentur-Meldung vom 16. Mai 2011).
Dem schloss sich nun auch der EGMR an. Steuerhinterziehung sei ein ernsthaftes
Vergehen, betonten die Straßburger Richter. Gemessen daran sei eine
Hausdurchsuchung nicht unverhältnismäßig. Sie sei die einzige Möglichkeit
gewesen, an weiteres Beweismaterial zu kommen. Die Durchsuchung sei auch
richterlich angeordnet worden.
Das Ehepaar habe auch damit rechnen können und müssen, dass Steuerbehörden und
Staatsanwaltschaft die Daten einer solchen CD nutzen. Dabei habe Deutschland
selbst aber keinerlei Rechtsverstoß begangen, um an die Daten zu kommen. Die
Eheleute hätten auch keinerlei negative Folgen der Hausdurchsuchung geltend
gemacht.