Mindestlohn gilt auch bei Arbeitsausfall wegen Feiertag

BAG: Tariflicher Nachtzuschlag muss sich nach Mindestlohn berechnen

Fällt Arbeit wegen eines gesetzlichen Feiertages aus, müssen Arbeitgeber mindestens den gesetzlichen Mindestlohn als Arbeitsentgelt fortzahlen. Auch tarifliche Nachtarbeitszuschläge, die sich prozentual nach dem Stundenverdienst berechnen, müssen den gesetzlichen Mindestlohn als Grundlage nehmen, urteilte am Mittwoch, 20. September 2017, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (Az.: 10 AZR 171/16). Gewährt der Arbeitgeber zudem ein tarifliches Urlaubsgeld, müsse auch dies zusätzlich zum Mindestlohn gezahlt werden.

Konkret ging es um eine Montagekraft in einem Metallunternehmen in Sachsen. Bis Ende 2014 verdiente sie dort sieben Euro die Stunde. Wegen des seit Anfang 2015 gültigen Mindestlohngesetzes erhielt sie für Januar 2015 eine „Zulage nach Mindestlohngesetz“. Darauf rechnete der Arbeitgeber aber das für einen Urlaubstag gewährte tarifliche Urlaubsentgelt in Höhe von 34 Euro und ebenso das tarifliche Urlaubsgeld an. Faktisch erhielt die Arbeiterin so für ihre geleistete Arbeit zwar den Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde, für Urlaubstage aber gar keine Vergütung und auch kein Urlaubsgeld mehr.

Auch bei dem Nachtarbeitszuschlag zeigte sich der Arbeitgeber nicht großzügig. Die Frau erhielt zwar weiterhin 25 Prozent zum Stundenlohn, so wie im Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Sächsischen Metall- und Elektroindustrie vorgesehen. Doch der Zuschlag berechnete sich nach der früheren „Grundvergütung“ von sieben Euro und nicht nach dem Mindestlohn von damals 8,50 Euro (heute 8,84 Euro). Auch für den 1. Januar 2015 zahlte der Arbeitgeber nur einen Feiertagslohn von sieben Euro pro Stunde.

Mit ihrer Klage verlangte die Montagekraft, dass der Nachtarbeitszuschlag auf Basis des Mindestlohns berechnet werden müsse. Auch stünden ihr die tarifliche Lohnfortzahlung während des Urlaubs und ebenso das tarifliche Urlaubsgeld zusätzlich zu. Schließlich rügte sie, dass sie für die ausgefallene Arbeitszeit am Neujahrs-Feiertag keine Entgeltfortzahlung in Höhe des Mindestlohnes erhalten hat.

Das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) in Chemnitz hatte der Klägerin mit Urteil vom 27. Januar 2016 recht gegeben (Az.: 2 Sa 375/15; JurAgentur-Meldung vom 7. März 2016). Der tarifliche Nachtzuschlag sei mindestens am gesetzlichen Mindestlohn zu bemessen. Das gelte auch, wenn wie hier in einem Alt-Arbeitsvertrag aus der Zeit vor dem Mindestlohn ein geringerer Stundenlohn vereinbart war. Das tarifliche Urlaubsgeld müsse zusätzlich zum Mindestlohn gezahlt werden.

Auch das BAG beanstandete nun das Vorgehen des Arbeitgebers. Ansprüche aus dem Mindestlohngesetz würden zwar für „tatsächlich geleistete Arbeitsstunden“ gewährt. Falle bei einem Arbeitgeber wegen eines gesetzlichen Feiertages aber Arbeit aus, stehe ihm nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz aber das Arbeitsentgelt zu, welches er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Dies sei hier der gesetzliche Mindestlohn.

Gleiches gelte für eigenständige tarifliche Ansprüche, so das BAG. Daher müssten sich hier auch die Nachtarbeitszuschläge nach dem Mindestlohn berechnen. Diese betragen laut Tarifvertrag 25 Prozent des Bruttostundenlohnes. Dieser habe sich bei der Klägerin mit Einführung des Mindestlohnes aber erhöht, so dass die Nachtarbeitszuschläge danach zu bemessen seien.

Schließlich könne die Klägerin auch zusätzlich zum Mindestlohn noch das tarifliche Urlaubsgeld beanspruchen. Laut Tarifvertrag bestehe hier ebenfalls ein eigenständiger Anspruch.

Dies ist jedoch nicht so, wenn den Grundlohn ergänzende Ansprüche nicht in Gesetz oder Tarif als zusätzliche Leistungen geregelt sind. Der 5. BAG-Senat hatte am 25. Mai 2016 entschieden, dass dann das Urlaubsgeld ebenso wie das Weihnachtsgeld beim Mindestlohn eingerechnet werden dürfen, sofern sie von der tatsächlichen Arbeitsleistung abhängen (Az.: 5 AZR 135/16; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag).


 



© www.tw-ratingen.de   Dienstag, 19. September 2017 15:12 TW-Redaktion
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