Pflege der Eltern mindert Erbschaftsteuer

BFH erleichtert Berücksichtigung des Pflegefreibetrags

Pflegen Kinder ihre Eltern, steht ihnen nach deren Tod im
Erbfall ein Pflegefreibetrag auf die Erbschaftsteuer zu. Der Freibetrag darf
nicht mit dem vom Finanzamt bislang üblichen Argument verwehrt werden, dass die
Kinder sowieso gesetzlich zur Pflege oder zum Unterhalt ihren Eltern gegenüber
verpflichtet seien, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am
Mittwoch, 5. Juli 2017, veröffentlichten Urteil (Az.: II R 37/15).

Bei Erbschaften sieht das Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetz
unterschiedliche Freibeträge vor. So haben Ehepartner und eingetragene Lebenspartner
bei einer Erbschaft einen Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro, Enkelkinder von
200.000 Euro, Eltern und Großeltern in Höhe von 100.000 Euro und nicht
verwandte Personen einen Freibetrag von nur 20.000 Euro.

Auf über diese Freibeträge hinausgehende Beträge wird Erbschaftsteuer fällig.
Zusätzlich zu diesen Freibeträgen kann aber auch noch ein Pflegefreibetrag von
bis zu 20.000 Euro geltend gemacht werden, vorausgesetzt man hat den
verstorbenen Erblasser vor seinem Tod regelmäßig unentgeltlich oder gegen einen
unzureichenden Lohn gepflegt.

Im jetzt entschiedenen Fall hatte die aus Niedersachsen stammende Klägerin den
Pflegefreibetrag ebenfalls geltend gemacht. Sie habe jahrelang ihre
pflegebedürftige Mutter zu Hause auf ihre Kosten gepflegt hatte. Die Mutter war
zehn Jahre lang auf Pflege angewiesen und erhielt nach der Pflegestufe III
zuletzt 700 Euro monatlich Pflegegeld.

Als die Mutter schließlich starb, wurde die Tochter als Miterbin bedacht. Zum
Erbe gehörte unter anderem ein Bankguthaben in Höhe von rund 785.000 Euro.

Das Finanzamt hielt daraufhin bei der Tochter die Hand auf. Sie sollte 4.865
Euro Erbschaftsteuer zahlen. Der Fiskus lehnte die Berücksichtigung des
Pflegefreibetrages dabei ab. Die Tochter sei doch ihrer Mutter gegenüber
sowieso zur Pflege und Unterhalt verpflichtet gewesen. Nur bei einer
freiwilligen Pflege könne aber der Freibetrag beansprucht werden.

Dem widersprach nun der BFH in seinem Urteil vom 10. Mai 2017. Eine gesetzlich
bestehende Unterhaltspflicht gegenüber seinen Eltern stehe der Gewährung des
Pflegefreibetrags nicht entgegegen. Auch aus der im Bürgerlichen Gesetzbuch
festgelegten Pflicht zu Beistand und Rücksicht zwischen Eltern und Kindern
folge nicht, dass die Kinder generell zur persönlichen Pflege verpflichtet seien.
Da üblicherweise Pflegeleistungen innerhalb der Familie, insbesondere zwischen
Kindern und Eltern erbracht werden, liefe die Freibetragsregelung bei
Ausschluss dieses Personenkreises nahezu leer, so die Münchener Richter.

Der Gesetzgeber habe letztlich die Erbringung von Pflegeleistungen steuerlich
honorieren wollen. Bei Erbringung langjähriger, intensiver und umfassender
Pflegeleistungen – wie im konkreten Fall - könne der Freibetrag auch ohne
Einzelnachweis der erbrachten Aufwendungen gewährt werden. Der Pflegefreibetrag
könne zudem auch dann beansprucht werden, wenn der Erblasser zwar
pflegebedürftig, aber aufgrund eigenen Vermögens im Einzelfall nicht
unterhaltsberechtigt war.

Um den Freibetrag beanspruchen zu können, hatte der BFH bereits am 11. September
2013 entschieden, dass Erben die erbrachten Pflegeleistungen grundsätzlich
schlüssig darlegen und glaubhaft machen müssen (Az.: II R 37/12;
JurAgentur-Meldung vom 20. November 2013).

Es reiche eine Hilfebedürftigkeit wegen Krankheit, Behinderung oder auch wegen
Alters aus. Bei Personen ab dem 80. Lebensjahr sei grundsätzlich von einer
Hilfebedürftigkeit auszugehen.


© www.tw-ratingen.de   Mittwoch, 12. Juli 2017 16:49 TW-Redaktion
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