Steuerfahndung muss bei eingestelltem Verfahren zurückstecken (BFH VIII R 5/10)

Ist bei einem Steuerpflichtigen ein Strafermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung einmal eingestellt worden, darf die Steuerfahndung nicht weitere Auskünfte in dessen Umfeld einholen. Denn andernfalls kann das Ansehen des Steuerpflichtigen „erheblich gefährdet“ sein und Zweifel an der persönlichen Integrität begründen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in München in einem am Dienstag, 5. Februar 2013, bekanntgegebenen Urteil (Az.: VIII R 5/10).

Geklagt hatte ein Steuerpflichtiger, der für eine leitende Tätigkeit in einem Verein unter anderem Einkünfte aus selbstständiger Arbeit erzielte. Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung hatte die Steuerfahndung ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet und dabei auch die Räume des Vereins durchsucht. Das Verfahren wurde dann jedoch eingestellt.

Dennoch verlangte danach das Finanzamt unter dem Briefkopf der Dienststelle für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung vom Verein Auskunft darüber, welche Konten der Verein für den Kläger geführt hatte. Der Kläger meinte, dass damit sein Ruf geschädigt werde.

Der BFH hielt dieses Auskunftsgebaren mit dem Briefkopf der Steuerfahndung in seinem Urteil vom 4. Dezember 2012 für unverhältnismäßig und rechtswidrig. Trotz des eingestellten Ermittlungsverfahrens werde weiterhin der Eindruck erweckt, als ob der Kläger sich der Steuerhinterziehung schuldig gemacht habe. Mit der auf diese Weise verlangten Auskunft sei das Ansehen des Klägers erheblich gefährdet worden.

Das Finanzamt könne zwar Auskunft verlangen, es reiche dabei aber völlig aus, wenn das Auskunftsersuchen von der Veranlagungsstelle stammt – und nicht wie hier, von der Steuerfahndung.

Hintergrund des Urteils ist die "Janusköpfigkeit" der Steuerfahndung: Sie wird sowohl bei der normalen Aufklärung steuerlicher Sachverhalte tätig als auch als Ermittlungsbehörde in Strafverfahren. BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff wertete bei der Jahrespressekonferenz seines Gerichts am 5. Februar 2013 in München das Urteil als Signal, an die Finanzverwaltung. Sie müsse sich entscheiden, in welcher Rolle sie auftritt. Die Frage sei "auch für die Steuerberater ein brennendes Problem". Denn bei der Aufklärung steuerlicher Sachverhalte gilt eine enge Mitwirkungspflicht der Steuerpflichtigen und damit auch ihrer Berater. Bei der Strafverfolgung dagegen gilt der allgemeine Grundsatz, dass niemand Auskünfte geben muss, die ihn selbst belasten.


© www.tw-ratingen.de   Montag, 11. März 2013 16:42 TW-Redaktion
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