BFH: Wer Behördenfehler nutzt, begeht keine Steuerhinterziehung
Bürger müssen nur unvollständige oder unrichtige eigene Angaben in ihren Steuererklärungen korrigieren. Auf Fehler des Finanzamts müssen sie dagegen nicht hinweisen, heißt es in einem am Mittwoch, 3. April 2013, veröffentlichten Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in München (Az.: VIII R 50/10). Danach begeht keine Steuerhinterziehung, wer einen vom Finanzamt irrtümlich berechneten Verlustvortrag zum eigenen Vorteil nutzt. Die Behörde kann den Bescheid allerdings vier Jahre lang noch selbst korrigieren.
Im Streitfall gereicht dies zum Nachteil eines niedergelassenen Internisten. Er wollte mit einer inzwischen nicht mehr möglichen „strafbefreienden Selbstanzeige“ Steuernachforderungen gering halten. Die Selbstanzeige scheidet jedoch aus, weil er keinen Steuerbetrug begangen hatte, urteilte der BFH.
Der Facharzt hatte für 1999 Einkünfte von umgerechnet 539.000 Euro angegeben. Das Finanzamt erfasste die richtig erklärten positiven Einkünfte irrtümlich als negative Einkünfte. So wurden die Steuer für 1999 auf Null und zudem ein sogenannter Verlustvortrag festgesetzt, den der Arzt in den Folgejahren steuermindernd anrechnen konnte.
Davon machte er auch Gebrauch, bis 2003 ein Steuerprüfer seinen Besuch ankündigte. Aus Angst vor einer Strafe gab der Arzt eine sogenannte „strafbefreiende Selbstanzeige“ ab, weil er Verlustvorträge in Anspruch genommen habe, für die es tatsächlich nie einen Verlust gab. Laut Gesetz wird bei einer solchen Erklärung eine pauschale Steuer von 25 Prozent der nicht versteuerten Einnahmen fällig.
Doch der 2003 für Steuerflüchtlinge vorübergehend eingeführte Sondertarif greift nicht, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten BFH-Urteil vom 4. Dezember 2012. Der Arzt habe alle Angaben richtig gemacht und daher auch keine Straftat begangen. Die „Selbstanzeige“ sei daher nicht möglich. Steuerpflichtige seien „nicht verpflichtet, Fehler des Finanzamts richtigzustellen“.
Als Konsequenz müssen Steuerpflichtige keine Strafverfolgung befürchten, wenn sie Fehler des Finanzamts zum eigenen Vorteil ausnutzen. Allerdings kann das Finanzamt seinen Bescheid bis zu vier Kalenderjahre nach seinem Erlass noch selbst korrigieren. Eine Frist von zehn Jahren gilt dagegen nur bei fehlerhaften Angaben des Steuerpflichtigen.