ThyssenKrupp scheitert mit Schadenersatz wegen Schienenkartell

LAG Düsseldorf: Vertriebsleiter muss nicht für Anwaltskosten zahlen

 

 

ThyssenKrupp kann einem angestellten Vertriebsleiter nicht die Schuld für millionenhohe Strafen für ein Schienenkartell in die Schuhe schieben. Denn der Konzern habe ein „überwiegendes Mitverschulden“ an den vom Bundeskartellamt festgestellten kartellrechtswidrigen Absprachen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf in einem am Montag, 30. November 2015, veröffentlichten Urteil (Az.: 14 Sa 800/15). Das LAG wies damit den von ThyssenKrupp geltend gemachten Schadenersatz in Höhe von 300.000 Euro für angefallene Rechtsverfolgungskosten, Aufklärungskosten und Teile eines Bußgeldes zurück.

Bereits 2012 hatten die Wettbewerbshüter gegen ThyssenKrupp wegen rechtswidriger Absprachen zulasten der Deutschen Bahn eine weitere Geldbuße in Höhe von 191 Millionen Euro verhängt. Damals hatte das Unternehmen den bis Herbst 2009 zuständigen Geschäftsführer der entsprechenden Konzerngesellschaft dafür verantwortlich gemacht und Erstattung des gesamten Bußgeldes gefordert. Dies hatte das LAG Düsseldorf jedoch abgewiesen: Die vom Bundeskartellamt verhängte Buße sei als Unternehmensbuße anzusehen und nicht als Buße für natürliche Personen (Az.: 16. Sa 459/14 und 16 Sa 460/14). Der Streit ist inzwischen beim Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt anhängig (dort Az.: 8 AZR 189/15).

Im jetzt entschiedenen Fall geht es um eine weitere Kartellbuße in Höhe von 88 Millionen Euro, die das Bundeskartellamt Mitte 2013 verhängt hatte. Hier wollte ThyssenKrupp seine Anwalts-, Verfahrens- und Aufklärungskosten sowie nun wenigstens einen Teil der Geldbuße auf den angestellten Vertriebsleiter abwälzen.

Auch diese Klage wies das LAG Düsseldorf nun ab. Der Konzern habe nicht nachweisen können, dass der Vertriebsleiter an kartellrechtswidrigen Absprachen beteiligt war, urteilte das LAG. Zeugen hätten dies nicht bestätigt oder von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

Selbst wenn man eine Tatbeteiligung des Vertriebsleiters annehmen würde, wäre dies zwar eine grobe Pflichtverletzung. Diese sei aber „deutlich geringer“ anzusehen, als der Tatanteil von ThyssenKrupp, betonte das LAG in seiner Entscheidung vom 27. November 2015. Denn der Konzern habe seinen Arbeitnehmern die rechtswidrigen Preisabsprachen nahe gebracht. Geschäftsführer und Vorstände hätten diese beispielsweise auf einer Tagung im Jahr 2001 „mit dem nötigen Nachdruck“ den Angestellten vermittelt.

ThyssenKrupp sei daher ein „erhebliches Organisationsverschulden“ vorzuwerfen. Als Arbeitgeberin habe es der Konzern mit seinen Organen in der Hand gehabt, seinen Betrieb so zu organisieren, dass die jahrelang flächendeckenden Absprachen unterbleiben. Dies sei aber nicht geschehen. Ein Schadenersatzanspruch gegenüber dem Vertriebsleiter scheide daher aus.


© www.tw-ratingen.de   Mittwoch, 2. Dezember 2015 08:36 TW-Redaktion
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