Urlaubsanspruch ist vererbbar

EuGH: Mit dem Tod des Arbeitnehmers gehen Ansprüche nicht unter

Urlaubsansprüche können nach dem Tod eines Arbeitnehmers vererbt werden. Nationale Rechtsvorschriften oder "Gepflogenheiten", die dies ausschließen, sind mit EU-Recht nicht vereinbar, stellte am Donnerstag, 12. Juni 2014, der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar (Az.: C-118/13). Damit stellten sich die Luxemburger Richter gegen die bisherige anderslautende Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt.
Nach der EU-Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung hat jeder Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten Mindesturlaub von 20 Werktagen. Kann der Arbeitnehmer diesen Urlaub wegen Ende des Arbeitsverhältnisses nicht nehmen, hat er Anspruch auf eine finanzielle Vergütung.
Im jetzt entschiedenen Rechtsstreit war ein aus Nordrhein-Westfalen stammender Arbeitnehmer von 2009 bis zu seinem Tod am 19. November 2010 mit Unterbrechungen arbeitsunfähig erkrankt. Bis er starb, hatte er insgesamt 140,5 nicht genommene Urlaubstage angesammelt.
Nach dem Tod des Arbeitnehmers verlangte die Witwe eine finanzielle Abgeltung für die noch offenen Urlaubstage.
Der Arbeitgeber lehnte dies ab. Urlaubsansprüche seien nicht vererbbar.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm legte diese Frage nun dem EuGH zur Prüfung vor.
Die Luxemburger Richter entschieden, dass nach EU-Recht Abgeltungsansprüche für den nicht genommenen Mindesturlaub weiterbestehen, auch wenn der Arbeitnehmer gestorben ist. Sehen nationale Vorschriften oder „Gepflogenheiten“ das Erlöschen des Urlaubsanspruchs mit dem Tod vor, verstoße dies gegen EU-Recht.
„Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers darf nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub führen“, heißt es in dem Luxemburger Urteil. Ein finanzieller Ausgleich im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Tod des Beschäftigten stelle „die praktische Wirksamkeit des Urlaubsanspruchs sicher“.
Damit stellte sich der EuGH gegen die anderslautende Rechtsprechung des BAG. Dieses hatte am 20. September 2011 noch entschieden, dass Urlaubsabgeltungsansprüche nicht vererbt werden können (Az.: 9 AZR 416/10; JurAgentur-Meldung vom selben Tag). „Mit dem Tod des Arbeitnehmers erlischt der Urlaubsanspruch“, urteilten die Erfurter Richter. Damit könne ein finanzieller Abgeltungsanspruch für nicht genommenen Urlaub gar nicht erst entstehen.
Das gegenläufige EuGH-Urteil gilt zunächst nur für den EU-Mindesturlaub von vier Wochen, nicht auf höhere Urlaubsansprüche nach deutschem Recht. Der gesetzliche Mindesturlaub in Deutschland beträgt 24 Tage, die tariflichen Ansprüche sind oft höher. 



© www.tw-ratingen.de   Sonntag, 15. Juni 2014 08:55 TW-Redaktion
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