Mit Beschluss vom 27.9.2012 (II R 9/11) hat der Bundesfinanzhof ('BFH') dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in seiner aktuellen Form wegen des Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verfassungswidrig ist.
Der BFH ist der Auffassung, dass das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz in der seit dem 1. Januar 2009 gültigen Fassung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstoße, weil die darin vorgesehenen Steuervergünstigungen - insbesondere im Hinblick auf den Erwerb von Betriebsvermögen sowie den Erwerb von Anteilen an Kapitalgesellschaften - in wesentlichen Teilbereichen von großer finanzieller Tragweite über das verfassungsrechtlich gerechtfertigte Maß hinausginge.
Der BFH führt dazu aus, dass die weitgehende oder vollständige steuerliche Verschonung des Erwerbs von Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften eine nicht durch ausreichende Gemeinwohlgründe gerechtfertigte und damit verfassungswidrige Überprivilegierung darstellt. Es könne nicht unterstellt werden, dass die Erbschaftsteuer typischerweise die Betriebsfortführung gefährde (vgl. Pressemitteilung des BFH Nr. 69 v. 10.10.2012).
Des Weiteren hat der Steuerpflichtige aktuell die Möglichkeit durch rechtliche Gestaltungen nicht betriebsnotwendiges Vermögen, das den Begünstigungszweck nicht erfüllt, in unbegrenzter Höhe ohne oder nur mit geringer Steuerbelastung zu erwerben.
Im Ergebnis führen die zusätzlich zu den Freibeträgen anwendbaren Steuervergünstigungen zusammen mit zahlreichen anderen Verschonungen dazu, dass die Steuerbefreiung die Regel und die tatsächliche Besteuerung die Ausnahme sei, so der BFH in seiner Pressemitteilung.
Das Bundesfinanzministerium vertritt nach wie vor die Auffassung, dass die Steuervergünstigungen nicht gegen den Gleichheitssatz verstoßen und somit auch keine Verfassungswidrigkeit vorliegt.
Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesverfassungsgericht über die Vorlage des BFH entscheiden wird. Der Großteil der Fachleute geht davon aus, dass das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz vom Bundesverfassungsgericht in seiner aktuellen Fassung für verfassungswidrig erklärt wird.
Fazit:
Die aktuell rechtlich vorgesehenen Möglichkeiten der Inanspruchnahme von Steuervergünstigungen und Verschonungsregelungen insbesondere im Hinblick auf die Übertragung von Betriebsvermögen sowie von Anteilen an Kapitalgesellschaften sollte noch genutzt werden solange die Rechtslage noch anwendbar ist.
Z. B. im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge wäre zu überprüfen, welche Gestaltungsmöglichkeiten das aktuelle Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (noch) vorsieht. Bei Rechtsfragen in diesem Zusammenhang stehen ihnen die Steuerberater und Rechtsanwälte von TW gerne zur Verfügung.